Katrin de Louw, Trendexpertin und Inhaberin der Agentur Trendfilter - designzukunft für moebel und materialien, Initiatorin des Colornetwork
Frau de Louw, Sie beschäftigen sich seit über 20 Jahren mit Material und Oberflächen. Das Thema Farbe schwingt immer mit. Bücher über die Bedeutung und Wirkung von Farben in der Einrichtung gibt es unzählige. Was ist für Sie das entscheidende Argument, der entscheidende Faktor, wenn Sie Bedeutung und Wirkung von Farben beschreiben sollen?
Die entscheidenden Faktoren, wie eine Farbe auf uns in der Innenarchitektur wirkt, teile ich gerne in drei Bereiche auf: Die natürliche, die persönliche und die momentane Wirkung.
Der maßgebliche dieser drei Faktoren ist wohl die natürliche Wirkung. Denn die Wirkung der Farben auf die Menschen ist seit Jahrtausenden durch die Natur geprägt: egal ob leuchtender Giftpilz, unauffälliges Reptil oder beruhigender Wald. Wir assoziieren mit Farben bestimmte Situationen und reagieren physisch und psychisch entsprechend – bewusst oder unbewusst.
Aber natürlich sind Menschen auch unterschiedlich in ihrem Wesen und hinsichtlich des Erlernten. Dazu kommen Moden und Vorlieben. Für manche ist Rot etwas Leidenschaftliches, positiv Besetztes, für andere ist es Aggression und eine unangenehme Farbe, die an Blut erinnert. So wirkt jede Farbe doch wieder individuell.
Der dritte Faktor ist die momentane Wirkung - sprich aktuelle Umgebung. Die Art, wie die Farbe verplant ist, wie sie mit anderen Farben und Materialien kombiniert wird. Auch angrenzende Faktoren, wie Haptik, Glanzgrad und Lichtverhältnisse spielen eine wichtige Rolle. Und Quantitäten. Farben wirken großflächig anders als in feinen Linien.
Innenreinrichter haben eine andere Sicht auf Farben als Produktdesigner. Warum und wie äußert sich das?
Während Innenarchitekten oftmals den Anspruch haben, einzigartige Räume zu schaffen, suchen Produktdesigner Farben, die möglichst vielen Menschen gefallen und über viele Jahre hohe Umsatzzahlen generieren können. Das sind verschiedene Anforderungen. Auch wird in der Innenarchitektur Farbe gerne als Wandfarbe eingesetzt. Das macht auch Sinn, weil diese nach Jahren einfacher und kostengünstiger verändert werden kann als industriell hergestellte Produkte. Innenarchitekten spielen also oftmals etwas mutiger mit Farbe.
Jedes Jahr kreieren Farbinstitute eine Trendfarbe. Sie beschäftigen sich in Ihrem Unternehmen mit sogenannten Basisfarben. Was ist der Unterschied?
Auch unsere Farben spiegeln den Zeitgeist des Jahrzehnts. Aber wir wollen keine Modefarben machen, sondern solche, die dank ihrer vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten lange schön bleiben. Und das viele Jahre, wenn nicht Jahrzehnte. Für bleibende Werte in der Innenarchitektur.
Bin ich denn dann noch „im Trend“, wenn ich Basisfarben verwende?
Es braucht die Kombination mit Trendfarben, z.B. in Wandfarbe und Accessoires, damit unsere Sustained Colors auch nach vielen Jahren trendy bleiben. Wer hier unsicher ist, kann auf unsere Konzepte der Kombinationsempfehlungen, der sogenannten Accessoire References zurückgreifen. Aber um Ihre Fragen zu beantworten: Gibt es etwas Trendigeres als Nachhaltigkeit, auch in der Farbwahl?
Warum braucht es Sustained Colors?
Wenn Sie sich Industrieprodukte für Innenarchitektur anschauen, sehen Sie viele recht neutrale Farben. Weiß, Grau, Beige, Schwarz. Farben werden in der Industrie weniger produziert, da sie weniger Umsatz versprechen. Hinzu kommt, dass der Planer viel Zeit mit Recherche verbringt: Wo gibt es die farblich passende Leiste oder den passenden Boden zur Tapete? Mit unseren Sustained Colors schaffen wir nicht nur industrielle Vielfalt auf dem Markt, sondern bieten viel Service, da wir farblich passende Produkte anderer Hersteller bieten. Also die Möbelleuchte passend zum Korpusmaterial oder die Pendelleuchte passend zur Wand. Die Küche passend zum Schichtstoff.
Wie entsteht überhaupt eine Sustained Color? Wer entwickelt die und wie?
Wir laden dazu jedes Jahr namhafte Experten, Innenarchitekten und Produktdesigner ein, die für uns eine weitere Farbe entwickeln. Dabei spielen die Kombinationsmöglichkeiten zu Metall, Holz und Stein eine wesentliche Rolle.
Duft und Farbe sind eine spannende Kombination. Was verbirgt sich dahinter?
Das Colornetwork hat zuletzt den Duftprofi Dr. Joachim Mensing aus Florida für sich gewonnen, der im Laufe seiner Karriere unter anderem das Parfum „Cool Water“ für Davidoff kreiert hat. Wir sind dankbar, dass er jetzt Duftstorys zu unseren Farben schreibt, die die psychologische Wirkung unserer Farbe in der Innenarchitektur allgemein oder am PoS auch durch Duft unterstützen können. So entstehen einzigartige Krafträume.
Farbe nachhaltig denken ist neu. Aber müssen nicht auch die Produkte in Ihrem Farbverbund nachhaltig sein?
Unbedingt! Nachhaltigkeit ist ein weites Feld. Wir schaffen Produkttransparenz durch das Sustainability Statement, welches zu jedem einzelnen Produkt auf unserer Onlineplattform zum Download bereitsteht. So fördern wir u.a. Regionalität, nachwachsende Rohstoffe und Kreislaufwirtschaft. Und das Netzwerk verknüpft unterschiedlichste Unternehmen, von Weltkonzernen bis hin zu kleinen Start-ups. Auch das ist ein Aspekt der Nachhaltigkeit.
Erschienen im STORE BOOK 2023. Hier bestellen.
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