Dr. Johannes Berentzen, Geschäftsführer der BBE Handelsberatung
Die Covid-19 Pandemie hat den Handel und damit das Erscheinungsbild unserer Innenstädte stark beeinflusst: Online-Händler verzeichneten enorme Umsatzzuwächse, während stationäre Händler auf der Strecke blieben. Ein Blick auf die Konsumgütermärkte zeigt: Der E-Commerce verliert erstmals an Boden, der stationäre Einzelhandel gewinnt zumindest im Jahr 2022, auch wenn das Vor-Corona-Niveau aus 2019 noch nicht erreicht ist.
Neue Konzepte stoßen in die Lücken
Standortschließungen bei Galeria Karstadt Kaufhof und Insolvenzen großer Häuser wie Peek & Cloppenburg zeigen, dass großflächige Handelsformate in Innenstädten an ihre Grenzen stoßen – den Non-Food-Bereich trifft dies am stärksten: Unserer Einschätzung nach werden in den nächsten zehn Jahren zwischen 15 und 20 Millionen Quadratmeter Non-Food-Verkaufsfläche in Innenstädten aufgegeben. Dem klassischen stationären Einzelhandel folgen neue Ansätze wie D2C-Konzepte, Fachhändler im Mini-Format oder Online-Pure-Player, die mit eigenen Stores in die Innenstädte vorrücken. Leerstände in zentralen Lagen können durch vertikale Mischnutzungen vermieden werden. Einzelhandel und Dienstleistungsangebote verbleiben im Erd- und ersten Obergeschoss, darüber sind Wohnungen, Büroflächen, Gastronomie oder Hotellerie möglich. Eine Mischung der Nutzungsarten sollte im Idealfall die Voraussetzungen der Immobilie ergänzen.
Die Innenstadt als Wohlfühlort
Unter dem Eindruck der Pandemie und der Inflation bleibt Einkaufen das Hauptmotiv für einen Besuch in der Innenstadt, gefolgt von Gastronomie und Verweilen. Gerade bei den unter 25-Jährigen steht nicht die Konsumabsicht im Vordergrund, sondern Treffen mit Freunden sowie Sport- und Spielangebote. Neben den Veränderungen von Nutzungsarten und Handelskonzepten spielt vor allem die Mobilität eine entscheidende Rolle bei der Frage, wie unsere Innenstädte künftig aussehen werden: Autofreie Zonen, begrünte Flächen, ressourcenschonende Gestaltung – das alles sind Optionen, mit denen Städte einer nachhaltigeren Zukunft entgegengehen.
Erschienen im Insider 73. Hier herunterladen.
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