Leichtbau oder leicht bauen?

Hannes Bäuerle, Managing Director D-A-CH Material Bank

Leichtbau ist im Bausektor immer noch ein „schweres Thema“, weil Leichtbau mit mehreren Herausforderungen verbunden ist, die sowohl technischer als auch kultureller und wirtschaftlicher Natur sind. Um die anstehenden großen Bauaufgaben zu meistern, von der schnellen Schaffung von (bezahlbarem) Wohnraum bis hin zu mehr Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit, kommen wir um eine detaillierte Beschäftigung mit der Thematik aber nicht herum. Bei der näheren Betrachtung zeigt sich dann schnell, dass Leichtbau im Bauwesen erhebliche Vorteile bietet, wie die Reduzierung des Materialverbrauchs, eine geringere Umweltbelastung und einfachere Logistik.

Definition von Leichtbau
Bei Leichtbau denken die meisten zuerst an Gewichtsreduktion, Wabenplatten oder federleichte Konstruktionen. Im Rahmen der Konzeption einer umfassenden Sonderschau über Leichtbau-Materialien für die Messen der Architect@Work haben wir von Material Bank den Bogen noch weiter gespannt, da Leichtbau mehr ist und kann als nur ein schweres Material mit einem entsprechend leichteren auszutauschen. Einerseits ist es eine Konstruktionsphilosophie, die speziell im Ladenbau wirtschaftliche Vorteile mit gestalterischen Möglichkeiten und ökologischer Verantwortung vereint. Sie ermöglicht flexiblere, modernere und nachhaltigere Ladeneinrichtungen, die sich an die dynamischen Anforderungen des Einzelhandels anpassen können. Mit einem gewissen Augenzwinkern wurde daher der Titel „LEICHT.BAU“ gewählt, mit dem zusätzlich weitere Aspekte aufgezeigt werden, die es ermöglichen, einfacher, niederkomplexer und schneller zu bauen. Wer sich der Thematik ausführlich widmet, wird schnell feststellen, dass es jede Menge Ansätze und Materialien gibt, mit denen das Bauen von heute und morgen wortwörtlich leichter wird.

Wie Bauen leichter wird
Traditionelle Bauweisen sind oft schwerfällig, materialintensiv und wenig anpassungsfähig. Der Leichtbau eröffnet hier neue Möglichkeiten, indem er mit innovativen Materialien und Konstruktionsansätzen eine Gewichtsreduktion, Ressourceneffizienz und gleichzeitig hohe Funktionalität ermöglicht. Doch wie genau wird das Bauen „leichter“? Ein Blick auf moderne Materialien und Methoden zeigt, wie zukunftsfähige Lösungen gestaltet werden können.

Gewichtsreduktion als Treiber für Effizienz
Gewichtsreduktion ist ein zentrales Ziel des Leichtbaus – nicht nur, um Transportkosten zu senken, sondern auch um die Tragwerksanforderungen zu optimieren. Leichtere Bauteile bedeuten weniger Belastung für Fundament und Tragkonstruktionen, was wiederum die Materialkosten reduziert. Zudem können leichtere Elemente einfacher gehandhabt und montiert werden, wodurch Zeit und Arbeitsaufwand auf der Baustelle eingespart werden. Gerade bei modularen Bauweisen und Vorfertigung profitieren Unternehmen von reduzierter Masse, da der Transport und die Logistik wesentlich effizienter werden.

Ressourceneffiziente Werkstoffe: Weniger ist mehr
Im Fokus stehen Materialien, die nicht nur leicht, sondern auch ressourcenschonend sind. Nachhaltige Alternativen wie Naturfaserverbundstoffe oder recycelbare Materialien ersetzen zunehmend schwerere, energieintensivere Baustoffe wie Stahl oder Beton. Auch die Kombination aus Primär- und Sekundärrohstoffen wird attraktiver, um Ressourcen zu sparen und die Umweltbelastung zu reduzieren. Die Schlüsselidee: Weniger Materialeinsatz bei gleichbleibender oder sogar höherer Leistung und Qualität.

Verbundwerkstoffe: Die Kraft der Kombination
Verbundwerkstoffe wie Glasfaser- (GFK) oder Kohlenstofffaser-Verbundstoffe (CFK) bringen extreme Festigkeit bei minimalem Gewicht. Ihre Fähigkeit, mechanische Belastungen gezielt aufzunehmen, macht sie zu einem essenziellen Element des Leichtbaus. Besonders in der Fassadengestaltung oder für tragende Strukturen bieten sie neue Möglichkeiten, Bauwerke schlanker und eleganter zu gestalten. Gleichzeitig ermöglichen sie eine höhere Beständigkeit gegen Umwelteinflüsse wie Korrosion, was ihre
Lebensdauer verlängert und Instandhaltungskosten reduziert.

Sandwichmaterialien und Wabenkerne:
Maximale Stabilität bei minimalem Gewicht
Ein Highlight des Leichtbaus sind Sandwichmaterialien, die durch ihren mehrschichtigen Aufbau mit Waben- oder Schaumstoffkernen eine exzellente Steifigkeit bei sehr geringem Gewicht bieten. Diese Materialien kombinieren eine leichte Kernstruktur mit belastbaren Deckschichten und eignen sich ideal für Anwendungen wie Innenausbau, mobile Trennwände, Möbell und Fassadenelemente bis hin zu Dächern. Wabenkerne – inspiriert von der Natur – sind besonders effizient, da sie eine maximale Stabilität mit minimalem Materialeinsatz ermöglichen. Sie bieten außerdem eine gute thermische und akustische Isolierung.

Niederkomplexe Konstruktionen: Einfach und effizient
Ein wesentlicher Aspekt des Leichtbaus ist die Vereinfachung von Bauweisen. Niederkomplexe Konstruktionen setzen auf modulare und standardisierte Elemente, die sich leicht fertigen, transportieren und montieren lassen. Ein Beispiel sind vorgefertigte Bauteile, die direkt auf der Baustelle zusammengefügt werden können – ohne aufwändige Anpassungen. Dies spart Zeit und reduziert Fehlerquellen während des Bauprozesses.

Materialfügung: Perfekte Verbindungen für Leichtbau
Die Art und Weise, wie Materialien miteinander verbunden werden, spielt eine zentrale Rolle im Leichtbau. Traditionelle Fügeverfahren wie Schrauben oder Nieten werden durch innovative Techniken wie Kleben, Laserschweißen oder Hybridverbindungen ergänzt. Diese Technologien ermöglichen es, unterschiedliche Materialien (z. B. Metall und Verbundwerkstoffe) sicher und dauerhaft zu verbinden, ohne zusätzliche Masse hinzuzufügen. Durch den Verzicht auf schwere Verbindungselemente wie Schrauben kann das Gewicht weiter reduziert werden.

Schnittstellenoptimierung: Effizienz an den Übergängen
Eine häufig übersehene Herausforderung im Bauwesen sind ineffiziente Schnittstellen zwischen Bauteilen oder Systemen. Der Leichtbau adressiert dieses Problem durch eine optimierte Planung und Gestaltung von Verbindungen. Eine präzise Abstimmung der Übergänge zwischen Materialien, Bauteilen und Gewerken minimiert Materialverluste und schafft nahtlose Übergänge, die sowohl ästhetisch als auch funktional überzeugen. Digitale Planungstools wie BIM (Building Information Modeling) unterstützen diesen Prozess und fördern eine effiziente Umsetzung.

Leichtbau als Schlüssel zur Bauwende
Der Leichtbau zeigt eindrucksvoll, wie innovatives Denken die gestalterischen Möglichkeiten im Bauwesen erweitern kann und der Einsatz moderner Materialien das Bauen leichter, nachhaltiger und effizienter macht. Leichter Bauen heißt also nicht nur weniger Masse, sondern auch mehr Effizienz und Zukunftsfähigkeit– eine Philosophie, die das Bauwesen grundlegend transformieren kann.

Erschienen im STORE BOOK 2025. Hier bestellen.