Mehr Fläche zahlt nicht auf mehr Umsatz ein – das bietet uns die Möglichkeit, Mehrwerte und Erlebnisse zu schaffen!

Interview von Daniel Schnödt, Trendexperte Retail und Autor, mit Christian Greiner, Vorstand Ludwig Beck am Rathauseck, München

Seit 2011 leitet Christian Greiner mit unternehmerischem Geschick, kreativer Leichtigkeit und künstlerischer Leidenschaft das Kaufhaus Ludwig Beck am Rathauseck in München. Das 1861 als Hofposamentier und Knopfladen gegründete Unternehmen entwickelte sich zu einem der beliebtesten Warenhäuser der Welt und kann auf eine bewegte Geschichte zurückblicken. Was den Unternehmer Christian Greiner auszeichnet, sind seine kontinuierlichen Gestaltungsattacken und Refreshments. Sie lassen die Kunden immer wieder neue Welten entdecken, damit sie letztlich ihre wertvolle Freizeit an diesem Ort am besten investiert sehen. Mit Christian Greiner spricht Daniel Schnödt über die Angebote von Ludwig Beck und die Herausforderungen, die bestehen und die kommen werden.

Warum baut Ludwig Beck seit Jahrzehnten in jährlichen Rhythmen Abteilungen um, schichtet die Flächen neu und schafft so ein „atmendes  Haus“?

Es gibt verschiedene Punkte. Zum einen müssen wir den Spannungsbogen aufrechterhalten, es muss
immer etwas Neues geboten werden. Es ist aber auch zum Teil der Historie des Hauses geschuldet,
weil wir das über die letzten Jahrzehnte immer so gemacht haben. Deswegen gibt es Abteilungen,
die in die Jahre gekommen sind, und es gibt immer Abteilungen, die neu renoviert sind. Das ist ein
Zyklus, der sich auch wirklich anbietet, weil man damit natürlich wieder überlegen kann, inwieweit
man Abteilungen umschichtet, Flächengrößen verändert oder neue Kompetenzen mit reinholt – so
bleibt es immer spannend.

Jedes Mal, wenn uns der Kunde besucht, wird er Neues entdecken, ein dynamisches und lebendiges
Haus erleben. In diesem Jahr haben wir dies mit der neuen Schmuckabteilung, der Käfer Tagesbar
und dem Shop der Süddeutschen Zeitung realisiert. Das Ladenbauthema bietet bei uns den Rahmen
für Emotionalität, am Schluss entscheiden aber der Service und das Produkt über den Erfolg der Maßnahme.

Wie schafft es Ludwig Beck, seine Community kontinuierlich zu begeistern?

Gastronomie ist natürlich extrem wichtig, um Traffic auf der Fläche zu erzeugen, aber gleichzeitig
glaube ich einfach, dass alles, was man irgendwo sinnvoll vermieten kann, hilft. Deswegen haben wir
aktuell die Süddeutsche Zeitung und unseren eigenen Ticketshop integriert. Somit schaffen wir zusätzliche Beweggründe, weswegen Kunden ins Haus kommen. Im besten Falle schaffen wir Flächenrelevanz für Dienstleister, weil wir den Zugang und die notwendige Frequenz erzeugen. Man muss sich einfach überlegen, was uns noch mehr Menschen ins Haus holt. Mit diesem multifunktionellen Ansatz bündeln wir für unsere Kunden Services und schaffen es darüber hinaus, zusätzliche Anreize und Überraschungsmomente zu erzeugen.

Mit den Überraschungsmomenten schafft Ludwig Beck bereits Erlebnisse. Gibt es darüber hinaus noch weitere Aspekte, die Beachtung finden?

Erlebnisse sind immer subjektiv. Es ist eine Herausforderung, damit allen Kunden gerecht zu werden.
Mit Aktionsflächen und saisonalen Themen versuchen wir, über alle sensualen Kanäle weitere Erlebnisse zu schaffen. Bei allen Konzepten muss man eine authentische Handschrift finden, zu der wir als Unternehmen, die Stadt München und die Menschen vor Ort stehen. Sicherlich muss man sich von anderen inspirieren lassen, aber der Erfolg bei emotionalen Dingen hängt von der Mentalität und den kulturellen Bedürfnissen der Menschen hier ab. So schaffen wir Räumlichkeiten, die aufwändig und akribisch umgesetzt werden. Diesen Aufwand kommunizieren wir aber nicht mit Flyern oder banalen Marketingaktivitäten, sondern erfüllen die vorhandenen Erwartungen unserer Kunden.

Wie wichtig sind digitale Incentives auf der Fläche?

Wir waren in diesem Bereich noch nie der First Mover, sind meilenweit von den Benchmarks entfernt und betrachten alles von der Convenience her. Digitalisierung sollte kundenfreundlich, zeitsparend und praktisch sein, das ist das, was der Kunde auch nutzt. Ich vergleiche es mit den Gimmicks beim Auto oder beim Handy. Was nutze ich persönlich von diesen vielen Möglichkeiten tatsächlich, die meine Defizite letztlich ausgleichen. Für uns ist hier zum Beispiel die digitale Kundenkarte sinnvoll. Sie ist nachhaltig, praktisch und bietet dem Kunden echte Mehrwerte.

Zum Abschluss noch ein paar persönliche Fragen an Sie: Was muss man heute jungen Leuten beibringen?

Ganz wichtige Faktoren sind für mich Eigeninitiative, die Kommunikation auf Augenhöhe, Verbindlichkeit und Pünktlichkeit – so bekommt man seinen Tag besser geregelt, und es ist zudem eine Frage des Respekts.

Mit welchen Prominenten würden Sie gerne einmal die Rolle tauschen?

In der Kunst zum Beispiel mit Jimi Hendrix. In der Politik wäre das Winston Churchill.

Welchen besonderen Einkaufsort würden Sie jedem einmal empfehlen?

Marrakech – die Stadt ist phantastisch, einfach irre, ein völlig anderer Ort mit unglaublich vielen, kontrastierenden Eindrücken.

Wo sehen Sie den Einzelhandel 2050, welche Rolle wird er spielen?

Ich glaube zutiefst daran, dass der Einzelhandel eine Zukunft hat, wenn er aus der Beliebigkeit herauskommt, Erlebnisse bietet und interaktiv ist. Alles, was mit Zwischenmenschlichkeit und Kommunikation zu tun hat, wird bestehen bleiben.

Erschienen im STORE BOOK 2025. Hier bestellen.